Grossfamilien Moldawien: Eine Familie, die mich liebt!

13.7.2023

Eine Familie, die mich liebt

Vor einigen Jahren war es Rubens grösster Wunsch, dass seine Eltern Pflegekinder aufnehmen. Vor allem Jungs, denn er wünschte sich sehnlichst Brüder zum Spielen, Ruben hatte nur eine fünf Jahre ältere Schwester. Dann erhörte Gott sein Gebet! Inzwischen hat der 16-jährige Ruben acht Brüder im Alter von 13 bis 17 Jahren und eine 5-jährige Schwester. Die Eltern Svetlana und Vasile leben in einem entlegenen Dorf in Moldawien. Ihre älteste Tochter Sabina studiert Medizin in Rumänien, Ruben geht noch zur Schule und die kleine Tochter Alina in den Kindergarten. Seit 2015 gehören vier weitere Buben zu ihrer Familie und im letzten Herbst kamen nochmals vier Jungs dazu. Die Behörde bat das Ehepaar, Kinder, die in Heimen leben und aus schwierigen Verhältnissen stammen, in ihre Familie aufzunehmen. Gerade für ältere Kinder ist es beinahe unmöglich, ein Zuhause zu finden. Vater Vasile ist Pastor in der lokalen Kirche und arbeitet auf dem Bau. Die Mutter kümmert sich um die Kinder, den Haushalt und die Tiere. Brigitte Neukom erfährt im Interview Mitte Juni mehr über die Grossfamilie:

Hat der Wunsch eures Sohnes den Ausschlag gegeben, dass ihr euch entschlossen habt, Pflegekinder aufzunehmen?
Svetlana: Ich war schon als Kind Teil einer Grossfamilie. Meine Eltern haben über 20 Jahre lang Pflegekinder aufgenommen. Ihr Vorbild hat in mir den Wunsch geweckt, eines Tages selber Waisenkindern eine Familie zu schenken. Rubens Wunsch hat massgeblich dazu beigetragen, diesen Schritt zu wagen. Er hat vorher jede freie Minute im Haus seiner Grosseltern verbracht und dort mit den Kindern gespielt. Gott sei Dank, hatten und haben mein Mann und ich beide ein «Ja» für diese Aufgabe, nicht zuletzt wegen des Wortes aus Jakobus 1,27. So kamen im Jahr 2015 vier Jungs in unsere Familie.

Alle packen im und ums Haus kräftig an.

Wie war das für eure leiblichen Kinder?
Svetlana: Ruben war begeistert, das war die Antwort auf seine Gebete! Auch für unsere Tochter Sabina war es leicht, kannte sie es doch bereits von den Grosseltern. Und unsere Jüngste, Alina, war damals noch nicht geboren.

Das klingt, als liefe alles bestens…
Vasile: Naja, einfach und reibungslos war die Integration der Pflegekinder nicht und auch jetzt stehen wir als Pflegeeltern immer wieder vor neuen Herausforderungen und schwierigen Situationen. Die ersten Jungs, die 2015 in unsere Familie kamen, waren noch jünger und es fiel ihnen leichter, sich bei uns einzuleben. Sie haben sich schnell wohl gefühlt. Bei den Jungs, die wir letztes Jahr aufgenommen haben, ist es deutlich schwieriger. Sie sind schon älter, haben viel Ablehnung und Enttäuschungen erlebt. Sie nur schon davon zu überzeugen, dass wir sie lieben und sie in unserer Familie willkommen sind, ist ein längerer Prozess. Dabei sehnen sich auch die älteren Jungs nach Geborgenheit und einer Familie, nur oft will sie niemand mehr.

Was war denn bei diesen vier älteren Jungs besonders schwierig?
Vasile: Sie haben gestohlen, in der Schule aber auch zuhause. Oder Anatol hat geraucht und hat es auch weiterhin heimlich getan. Sehr schwierig ist auch, dass einige der Jungs immer zu viel essen und Lebensmittel in ihren Zimmern verstecken. Da braucht es viel Geduld und Einfühlungsvermögen, bis sie ihr Verhalten ändern können. Sie haben in ihrem Leben wohl schon öfters hungern müssen. An einigen Themen sind wir immer noch dran.

Alexandru hilft im Garten, die ganze Familie Piriu beim Frühstück.

Alexandru ist einer der vier Jungs, die im Herbst zu euch kamen. Die Behörde bat euch inständig, ihn aufzunehmen, warum?
Svetlana: Der 13-jährige Alexandru hat eine Behinderung, er konnte praktisch nicht gehen, als er zu uns kam, hatte Mühe mit Essen und sprachlich war er sehr eingeschränkt. Seine geistige Entwicklung ist eher auf dem Stand unserer 5-jährigen Alina. In keiner Pflegefamilie hat es funktioniert und im Heim war es auch schwierig. In der Schule wollten sie ihn schon gar nicht haben, da er seinen Mitschülern gegenüber aggressiv war. Und mit Mädchen ging es überhaupt nicht.

Wie geht es Alexandru nach einem halben Jahr bei euch?
Svetlana: Es geht zunehmend besser und mit Alina versteht er sich sehr gut. Für seinen Schulbesuch mussten wir aber kämpfen. Nun besucht Alexandru an drei Tagen die Schule und zwei Tage kümmere ich mich um ihn. Er erhält eine Sprachtherapie und kann immer besser sprechen und fast schon normal gehen. Weil er nun besser sagen kann, was er möchte, ist er weniger aggressiv. In seiner Klasse hat er Freunde gefunden und erzählt allen, dass er eine Familie hat. Sein grösster Wunsch ist es, nicht wieder verlassen zu werden! Es liegt noch ein langer Weg vor ihm, aber vor kurzem hat er sogar trotz seiner Sprachbehinderung in der Kirche gebetet.

In einer grossen Familie gibt es viel Arbeit, was gibt euch Kraft, was freut euch?
Vasile: Jeder hat seine Aufgaben, wir machen das als Familie und es ist schön zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln. Der Schulbesuch in Petrus Klasse hat mich in unserem Dienst bestärkt. Als die Lehrerin fragte, welche Eltern anwesend seien, stand Petru auf und sagte ganz stolz: «Mein Vater ist gekommen». Für ihn ist es ganz wichtig allen zu sagen, dass auch er einen Vater hat. Auch wenn Petru bereits ein Teenager ist, sehnt er sich nach einer Familie, wo er geliebt und anerkannt wird.
Svetlana: Marius wurde in der Schule ausgelacht, weil er ein Waisenkind ist. Doch dann stand er auf und verkündete allen: «Ich habe eine christliche Familie und Geschwister, die mich lieben.» Die Klassenlehrerin erzählte uns das im Nachhinein. Mich hat dies sehr gefreut und in meiner Aufgabe ermutigt. Diese Jungen haben alle eine schwere Vergangenheit und  wurden immer wieder enttäuscht, doch nun haben sie eine Familie, wir ganz viele Söhne und unser Ruben hat endlich die Brüder, die er sich so sehr gewünscht hat.

Danke für eure Offenheit und den Einblick in eure tolle Familie.

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